Hamburger Schulgesetz – Integration – Inklusion
So kann es gehen.

Vortrag am 24.11.2009 in Hamburg
(Nach dem Vortrag überarbeitete Textfassung)

Vorbemerkung: Anlass für diesen Vortragsabend bildete die Tatsache, dass wenige Wochen zuvor ein neues Schulgesetz für Hamburg verabschiedet wurde. Darin wird u. a. im § 12 festgestellt, dass alle Kinder und Jugendlichen in Hamburg zukünftig das Recht haben, gemeinsam unterrichtet zu werden. Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf dürfen künftig Erfahrungen machen, über die vor ca. 30 Jahren erstmals der italienische Psychologe Ludwig-Otto Roser berichtete. Einer seiner ersten Vorträge in Deutschland wurde beim Gesundheitstag in Hamburg 1981 gehalten. (vgl. Literatur ROSER, SCHÖLER 1998 und WUNDER/SIERCK)

Die wesentlichen Aussagen dieser Schulgesetzänderung für Hamburg von 2009:
"§ 12
 (1) Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem
Förderbedarf haben das Recht, allgemeine Schulen zu
besuchen. Sie werden dort gemeinsam mit Schülerinnen
und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf
unterrichtet und besonders gefördert. Die Förderung
kann zeitweilig in gesonderten Lerngruppen
erfolgen, wenn dieses im Einzelfall pädagogisch geboten
ist."
Zu beachten ist, dass dieser Gesetzestext erstmals in Deutschland keinen "Haushaltsvorbehalt" enthält.

- Warum ist es in Deutschland so schwer, den gemeinsamen Weg mit allen Kindern zu gehen, der in vielen anderen Ländern bereits Normalität ist?

Wir leben in Deutschland noch immer in einer Gesellschaft, in der es als Normalität akzeptiert wird, (von der Mehrheit, nicht mehr von allen Menschen), dass Kinder bereits vor dem Eintritt in die Schule sortiert werden. Sobald ein Entwicklungsproblem festgestellt wird, beginnt das Fragen, Testen, Kontrollieren, Debattieren: Die Fachleute fragen: Gehört dieses Kind an einen anderen Ort als in den Kindergarten oder in die Schule, welche von den Geschwister- oder Nachbarskindern besucht wird? Die meisten Eltern werden dadurch verunsichert.

Welches war die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung von Flugzeugen?
Der Traum vom Fliegen! – Wenn es nicht Menschen gegeben hätte, die die scheinbare Utopie verfolgten: Es muss auch den Menschen möglich sein – wie den Vögeln – in die Luft zu fliegen, dann wären Flugzeuge nicht entwickelt worden.

Welches ist die wichtigste Voraussetzung für die Inklusion von Kindern mit Behinderung im Kindergarten oder in der Schule? — Der Wunsch von Eltern behinderter Kinder, dass auch ihr Kind Teil dieser Gesellschaft ist.  Egal, ob es ein Kind mit der Diagnose Down Syndrom ist, ob es als Folge von Sauerstoffmangel bei der Geburt oder durch einen Unfall Bewegungs- oder Sinneseinschränkung hat, auch für ein Kind mit Autismus werden Eltern es künftig nicht mehr zulassen, dass die Gesellschaft ihr Kind abschiebt – in mehr oder weniger vergoldete Käfige, abseits der Normalität.
150 Jahre Existenz von Sonderschulen sind genug für den Beweis: Mit Sonderschulen kann die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft nicht erreicht werden!
Ziel meiner Arbeit ist es seit inzwischen fast 30 Jahren: Es muss auch in Deutschland gesellschaftliche Normalität werden, dass alle - wirklich alle – Kinder und alle Jugendlichen und Erwachsenen das gleiche Recht auf Zugang zu allen Bildungseinrichtungen haben!

Der angebliche Schonraum Sonderschule ist nicht notwendig – er erweist sich für nahezu alle Kinder, die einmal in diesen Schonraum gelangt sind, als Falle aus der sie nur sehr selten herauskommen! (Würden Sie in eine Rehabilitationsklinik gehen, von der bekannt ist, dass weniger als 1% der Rehabilitanden in die normale Gesellschaft zurückkehren?)
Die Forderung, Sonderschulen zu schließen bedeutet nicht, die besondere Förderung zu vernachlässigen, sondern: Praxis sollte werden: Sobald ein Entwicklungsproblem festgestellt wird, beginnt das Fragen, genaue Beobachten und  Dokumentieren, Debattieren. Welche zusätzliche Unterstützung braucht dieses Kind? Welche Lernangebote sind für dieses Kind von Vorteil? Wer ist für die Organisation und die Finanzierung der besonderen Unterstützungsmaßnahmen zuständig? Sind eventuell bauliche Maßnahmen in der Schule notwendig? Aber an dem Ziel selbst: Gemeinsames Leben und Lernen für Kinder und Jugendliche in dem Kindergarten und in der Schule, in die auch die Geschwister- oder Nachbarkinder gehen, daran darf es keine Zweifel mehr geben!

Um sich diesem Ziel weiter anzunähern, sind in Deutschland viele Veränderungen notwendig. Vor allem muss das allgemeine gesellschaftliche Bewusstsein weiter entwickelt werden. Derzeit gibt es eine wachsende Aufmerksamkeit in den Medien (siehe u.a.: Die Zeit http://www.zeit.de/2009/01/Sonderschulen). In den meisten Veröffentlichungen oder Diskussionen um die Probleme des deutschen Schulsystems kommen jedoch Kinder mit Behinderungen (oder diejenigen, die zu Lernbehinderten erklärt wurden) einfach nicht vor. Ca. 5% aller Schülerinnen und Schüler (in manchen Regionen deutlich mehr) sind die "vergessenen Kinder".
Noch vor ca. 30 Jahren gab es in Deutschland kein gesellschaftliches Bewusstsein, dass es notwendig wäre, alle Bahnhöfe oder gar alle Schulen für alle Menschen zugänglich zu machen.  Kinder mit Down Syndrom galten in den Alten Bundesländern bis Anfang der 60er Jahre und in der DDR bis 1989 als "schulbildungsunfähig" – Lesen und Schreiben wurde den Kindern, die zu "Geistigbehinderten" erklärt worden waren, nicht angeboten.
Was heute notwendig ist: Jede Sonderschule muss darauf überprüft werden – oder sollte sich besser selbst überprüfen – wie sie es schafft, ein attraktiver Ort für alle Kinder zu werden. Dafür gibt es bereits einige Beispiele. Die ehemalige Körperbehindertenschule der DDR in Birkenwerder (Land Brandenburg) ist für alle Kinder und Jugendlichen dieser kleinen Stadt die eine Schule für alle geworden. (1. – 6. Klasse Grundschule, danach Gesamtschule mit Gymnasialer Oberstufe) Es gibt keine Hauptschule, keine Realschule und kein Gymnasium am Ort. (vgl. DÜRING/SCHÖLER, 2004) Oder: Die Jakob-Muth Schule Nürnberg, eine Schule für Geistigbehinderte der Lebenshilfe hat bisher 8 Klassen in zwei Grundschulen ausgelagert und dort mit kooperativem Unterricht begonnen. Jeweils eine Klasse wird im 5. und 6. Schuljahr in einer Realschule unterrichtet; ca. 1/3 des Unterrichts findet dort derzeit gemeinsam mit den Realschülern statt. (vgl. SCHÖLER 2007)
Die Sophie-Scholl-Schule in Gießen, eine der drei Preisträgerschulen des Jakob-Muth-Preises: Dies ist eine Schule in Trägeschaft der der Lebenshilfe, bis vor wenigen Jahren wurde sie ausschließlich von Kindern mit so genannter geistiger Behinderung besucht. Inzwischen ist dies eine übernachgefragte Grundschule für alle Kinder bis zur 6. Klasse mit anschließender Gesamtschule bis zur 10. Klasse. (http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-F87DC59B-C0EC18C1/bst/xcms_bst_dms_29307_29322_2.pdf)
In Bad Harzburg berate ich ein Gymnasium, in welchem zwei Schüler und eine Schülerin mit Down Syndrom gemeinsam mit einer schwer mehrfach behinderten Schülerin und 22 Gymnasiasten in einer Klasse unterrichtet werden – derzeit im 8. Schuljahr. (siehe Literatur SCHÖLER 2009a)

Dies sind nur wenige Beispiele. Die Bundesbehindertenbeauftragte hat 2009 - gemeinsam mit der Bertelsmannstiftung und der deutschen Sektion der UNESCO - den "Jakob Muth-Preis für Inklusive Schulen" ausgeschrieben, mit dem Schulen ausgezeichnet wurden, die vorbildliche Arbeit für gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung leisten. Ca. 150 Schulen haben sich bei dieser 1. Ausschreibung beworben. Auch zwei Schulen aus Hamburg sind in die engere Auswahl gekommen: Eine Grundschule: Die Clara-Grundwald-Schule und eine Gesamtschule: Die Erich Kästner- Gesamtschule. (Hoffentlich gibt es für 2011 eine neue Ausschreibung.)

In Hamburg gibt es derzeit die heftige Auseinandersetzung um die 4- oder 6-jährige Grundschule. Ich habe dafür kein Verständnis. Als (West-)Berlinerin bin ich sechs Jahre in die Grundschule gegangen; meine beiden Töchter waren nach der 6jährigen Grundschule in einer Gesamtschule. Für alle meine Freunde in Italien ist es selbstverständlich, dass die Kinder zehn Jahre in eine gemeinsame Schule gehen. In den aktuellen Streit in Hamburg will ich mich mit meinem heutigen Vortrag nicht einmischen, aber: Wenn tatsächlich eine Mehrheit der Hamburger Bevölkerung der Meinung sein sollte, es müsste weiter die spezifische Form der Sonderschule geben, die sich Gymnasium nennt, dann frage ich: Wo sollen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach der Grundschulzeit das gemeinsame Lernen mit den nicht behinderten Kindern fortsetzen? Wo erhalten Gymnasiasten die Chance, einen angstfreien und auch sie bereichernden selbstverständlichen Kontakt zu den Menschen zu erfahren, die anders kommunizieren, und die mit anderen Schwierigkeiten ihr Leben bewältigen müssen als sie selbst?
Nach meinem Anspruch müssen dort, wo es keine oder zu wenige Gesamtschulen gibt, die Kinder und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf  ihre Schullaufbahn im Gymnasium nach der gemeinsamen Grundschulzeit fortsetzen. Die Heranwachsenden, die die meiste Unterstützung, viel Verständnis und Fürsorge benötigen, nämlich die Kinder, die als geistig oder schwer behindert bezeichnet werden, finden in den Gymnasialklassen die Mitschülerinnen und Mitschüler, bei denen in der Regel das Verständnis für zieldifferenten Unterricht und ein großes Maß an sozialer Verantwortung festzustellen ist. Dafür gibt es in Deutschland bisher nur sehr wenige Beispiele, sicherlich einige "heimliche" oder "graue" Integrationsmaßnahmen. Damit ist nicht gesagt, dass die Fortsetzung des gemeinsamen Unterrichts nach der Grundschulzeit nicht an Realschulen oder an Hauptschulen erfolgreich praktiziert werden kann. Unter pädagogischen Gesichtspunkten ist dies jedoch an diesen Schulen schwieriger. Und:
Es wäre völlig falsch, würde man die Gymnasien von dieser wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe des gemeinsamen Unterrichts frei stellen.

Ich hoffe, dass ich es noch erleben darf, dass auch in Deutschland eine Schule sich rechtfertigen muss, wenn sie keine Kinder mit besonderen Lernbedürfnissen aufgenommen hat. Es muss zu den Qualitätskriterien jeder Schule, insbesondere jeder weiterführenden Schule gehören, dass sie sich auf die Kooperation mit speziell qualifiziertem Lehrpersonal einstellt. Auch an den Gymnasien sollten Lehrerinnen und Lehrer als Einzelkämpfer bald der Vergangenheit zugeschrieben werden. Die Kooperation im Klassenzimmer mit Sonderpädagogen und mit Integrationshelferinnen kommt allen Kindern und allen Lehrerinnen und Lehrern zu Gute. Kooperationsbereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer ist eine der wesentlichen Voraussetzung für das Gelingen von gemeinsamem Unterricht. (vgl. SCHÖLER, 1997)
Kein Sonderpädagoge, keine Sonderpädagogin muss befürchten, arbeitslos zu werden, wenn die Sonderschulen ihre Türen schließen.
Entweder die bisherigen Sonderschulen werden attraktiv für alle Kinder, oder die Sonderpädagogen begleiten ihre Schülerinnen und Schüler in den Regelschulen. Erst im gemeinsamen Unterricht in den Regelschulen haben die Sonderpädagogen die Chance, ihre spezifischen methodischen Kenntnisse so umzusetzen, dass dies von einer größeren Zahl von Eltern und Kolleginnen und Kollegen gewürdigt werden kann.

Ich werde oft gefragt, welche Erklärungen ich dafür habe, dass das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderung in Deutschland so wenig respektiert wird. Im Vergleich zu Ländern wie z. B. Italien, Spanien, den skandinavischen Ländern, Australien oder Kanada, trifft man in Deutschland immer noch sehr häufig eine Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung an, die gekennzeichnet ist durch emotionale Abwehr, Unsicherheit (auch Angst), ungefragte Hilfeleistung, Ignorieren der speziellen Bedürfnisse. Eine wesentliche Ursache sehe ich in der deutschen Geschichte. Die gegenwärtig noch gültige Rechtslage ist auf das "Reichschulpflichtgesetz" von 1938 zurückzuführen. (vgl. FUCHS, 2001, S. 131)

"Hatte es bis 1938 keine Verpflichtung zum Sonderschulbesuch gegeben, ergab sich mit Inkrafttreten des »Gesetz(es) über die Schulpflicht im Deutschen Reich (Reichsschulpflichtgesetz)« zum 1. November 1938 eine einschneidende Veränderung. Das Reichsschulpflichtgesetz schrieb erstmalig den Zwang zur Sonderbeschulung »geistig oder körperlich behinderter Kinder« vor. In § 6, Abs. 1 hieß es dazu:
»Für Kinder, die wegen geistiger Schwäche oder wegen körperlicher Mängel dem allgemeinen Bildungsweg der Volksschule nicht oder nicht mit genügendem Erfolge zu folgen vermögen, besteht die Pflicht zum Besuch der für sie geeigneten Sonderschulen oder  des für sie geeigneten Sonderunterrichts (Hilfsschulen, Schulen für Krüppel, Blinde, Taubstumme u. ä.)« (Reichsgesetzblatt Teil 1, 1938, 102)"

Mir ist aus keinem anderen Land der Welt bekannt, dass es gesetzliche Regelungen gibt, mit den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften, die es ermöglichen, Kinder wegen einer Schädigung oder einer Beeinträchtigung ihrer Lernmöglichkeiten gegen den Willen der Eltern aus dem System der Regelschule auszusondern.
Für die heutige Situation sehe ich drei grundlegende Ursachen dafür, dass die Schulreformen in diesem Bereich in Deutschland so mühsam vorangehen:

  1. Das Festhalten am selektiven Schulsystem Gymnasium, Realschule, Hauptschule, Sonderschule.
  2. Strukturen mit hierarchisch organisierten Entscheidungsträgern und der dazugehörigen komplizierten Finanzierung. (Klemm: www.bertelsmann-stiftung.de und www.wirksame-bildungsinvestitionen.de)
  3. Tradierte starre Unterrichtsmethoden.

Mit der Ratifizierung der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen, die seit März 2009 Gesetzeskraft in Deutschland hat und mit der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes in Hamburg sehe ich eine deutlich verbesserte Ausgangslage für die Umsetzung der Träume von Eltern behinderter Kinder für das Erreichen des Zieles eines Lebens in der Gemeinschaft.
(Das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin wird den Prozess der Realisierung der Zielvorgaben der UN-Konvention kritisch begleiten – ein erster Bericht soll bereits 2010 erstellt werden.)
siehe: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/de/monitoring-stelle.html

Was kann getan werden, um dem Ziel einer inklusiven Schulbildung näher zu kommen? Jeder sollte sich fragen: Was habe ich bisher getan und was kann ich in der Zukunft tun, um dem Ziel der gemeinsamen, EINEN Schule für alle näher zu kommen?

-    Jeder, der für finanzielle, organisatorische oder schulpolitische Entscheidungen verantwortlich ist, sollte den Vorsatzfassen, einen Entwicklungsplan auf den Weg zu bringen: Bis zu welchem Schuljahr muss erreicht sein, dass die Sonderschulen in dem jeweiligen Entscheidungsbereich in Integrationsschulen umgewandelt oder geschlossen sind? – Gibt es in Hamburg eine verlässliche Regelung, welche finanziellen zusätzlichen Mittel für ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf zur Verfügung stehen, wenn es die Regelschule besucht? – Wenn nicht, man kann sich gut an dem "Gemeindefinanzierungsgesetz" von Brandenburg orientieren, wo das "Rucksackprinzip" eingeführt wurde; das bedeutet: Wenn ein Kind mit Behinderung in die Regelschule geht, erhält diese Schule einen höheren Geldbetrag für Lehr- und Lernmittel als die Regelschülerinnen und Schüler. Die Höhe dieses Geldbetrages orientiert sich an dem entsprechenden Betrag der jeweiligen Sonderschule.  
Manchmal sind es Kleinigkeiten, welche das gemeinsame Lernen aller Kinder verhindern, z. B.: Es wird oft darauf verwiesen, dass es sowieso nicht genügend Kindergartenplätze gäbe oder: Die Plätze in einer guten Gesamtschule oder einem guten Gymnasium seien begrenzt. Auch die Eltern nicht behinderter Kinder würden versuchen, mit einer Klage einen der wenigen begehrten Plätze zu erreichen. – Was spricht gegen die folgende politische Entscheidung für die Stadt Hamburg: So lange die Plätze im Kindergarten oder in den übernachgefragten Schulen nicht ausreichen, wird die Anmeldung für Kinder mit anerkanntem besonderen Förderbedarf vorgezogen. Diese Kinder haben ein Vorrang-Recht vor allen anderen Kindern und ihre Aufnahme bewirkt zugleich, dass die Gruppenfrequenz nach einem Schlüssel gesenkt wird, der sich aus den geringeren Frequenzen der Sonder-Kindergärten oder Sonderschulen errechnet. Die Schulen erhalten rechtzeitig vor Beginn des neuen Schuljahres die zusätzlichen Sonderpädagogenstunden.

Manche Menschen können es sich bisher einfach noch nicht vorstellen, wie das konkrete Kind, das sie kennen und um dessen Entwicklung sie sich sorgen, in einer „normalen“ Schule gut betreut werden kann. Manche denken an ihre eigene Schulzeit und würden es den eigenen ehemaligen Gymnasiallehrern niemals zutrauen, etwas anderes als langweiligen Frontalunterricht zu praktizieren. (Ein gutes, anschauliches Beispiel, wie es gehen kann, ist in dem Film von Hubertus Siegert zu sehen: Klassenleben, Kinofilm 2007, auch als dvd zu kaufen. Ein Filmteam hat ein Jahr lang eine 5. Klasse der Fläming-Grundschule in Berlin begleitet. Dazu gehörte auch ein schwer behindertes Mädchen.)

Ich möchte Ihnen detailliert und an zwei Beispielen eine Orientierung geben, wie es gehen könnte:

Zunächst am Beispiel von Charlotte – einem Mädchen mit einer Körperbehinderung, außerdem wurde sie als "Lernbehindert" eingestuft.
Und ich werde im Anschluss am Beispiel einer 8. Klasse eines Gymnasiums darstellen, wie der Physikunterricht gestaltet werden kann, an dem auch drei Kinder mit Down Syndrom und ein mehrfach behindertes Mädchen teilnehmen.
                                    
Charlotte ist mir seit etwas mehr als zwei Jahren bekannt. Die Eltern hatten nach der Zeit in einem Integrationskindergarten rechtzeitig vor der Einschulung einen Platz in der Grundschule des Wohnortes beantragt. In diese Schule ging auch ihr zwei Jahre älterer Bruder; diese Schule ist vom Haus der Eltern mit einem Fußweg von fünf Minuten zu erreichen. – Die Eltern wurden immer wieder vertröstet; schnell war jedoch klar, dass die örtliche Grundschule dieses Kind nicht haben wollte. Kurz vor Beginn des Schuljahres, in den Sommerferien erhielten die Eltern den offiziellen Bescheid der "Zuweisung" zu einer ca. 30 km entfernten Sonderschule für Körperbehinderte. Ich habe die Eltern darin unterstützt, dass Charlotte eine Regelschule besuchen kann. Nachdem der Widerspruch der Eltern beim Schulamt eingegangen war, fragte der zuständige Schulrat zwei Tage später telefonisch bei der Mutter nach, ob sie den Widerspruch zurücknehmen würde, wenn das Mädchen zwar nicht in die Grundschule am Wohnort jedoch in die nächstgelegene, ca. 5 km entfernte Grundschule gehen könnte. Die Mutter sah sich diese Schule an und wurde von der Schulleiterin freudig begrüßt: Diese Schulleiterin, die erst seit zwei Jahren an jener Schule war, hatte zuvor vergeblich gehofft, dass auch Eltern von Kindern mit Behinderung ihr Kind in dieser Schule anmelden. – Dies war zuvor nicht ein einziges Mal geschehen. Für Charlotte wurde eine Integrationshelferin genehmigt und eine Sonderpädagogin kommt an einem Vormittag in der Woche, um die Grundschullehrerin zu beraten. Sie macht die Vorschläge für besondere Lernmaterialien oder die Abwandlung von Aufgaben, damit Charlotte trotz ihrer körperlichen und leichten intellektuellen Einschränkungen weitgehend gemeinsam mit den anderen Kindern der Klasse an denselben Lerngegenständen arbeiten kann.
Zu Beginn musste die Integrationshelferin Charlotte die drei Stufen zu den Klassenräumen tragen (das ganze Schulgebäude ist ansonsten ebenerdig). Inzwischen ist eine Rampe von außen an die Schule gebaut worden. Charlotte fährt selbstbewusst mit ihrem Elektrorollstuhl durch die Schule. Bei dem sowieso anstehenden Neubau einer Toilette für die Nachmittagsbetreuung in dieser Schule wurde berücksichtigt, dass diese Toilette rollstuhlgerecht ist. Von diesen Umbauten profitieren inzwischen etliche Erwachsene, die bei einer Wahl oder einer öffentlichen Veranstaltung die Schulräume nutzen. Diese Umbauten haben etwa so viel gekostet wie ein Jahr Spezialtransport von Charlotte in die Körperbehindertenschule.
Der größte Klassenraum der Schule erhielt eine Zwischenwand mit einer großen Glasscheibe. So besteht für Charlotte die Möglichkeit, sich etwas zurück zu ziehen oder mit der Sonderpädagogin auch im Einzelunterricht zu arbeiten. Zugleich steht dieser Raum allen Kindern für Gruppenarbeiten zur Verfügung – zumeist nimmt Charlotte am gemeinsamen Unterricht in der Klasse teil.
Charlotte ist ein fröhliches, selbstbewusstes Mädchen, von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern sowie von den Lehrerinnen mit ihren Fähigkeiten anerkannt. Damit sie am Unterricht teilnehmen kann, ist eine ständige Begleitung notwendig. Hierzu gab es zunächst Auseinandersetzungen um die angemessene Bezahlung. Das Sozialamt war der Meinung, dass eine "sensible Person", ohne jegliche pädagogische Ausbildung ausreichen würde. (Eine männliche Person, z. B. ein Zivildienstleistender oder ständig wechselnde "Ein-Euro-Jobber" wurden glücklicherweise nicht angeboten.)
Eltern oder Lehrerinnen können sicherlich berichten, wie oft in Sonderschulen oder auch in Integrationsmaßnahmen versucht wird, an diesem so wichtigen Personal zu sparen. Dem muss gemeinsam entgegen gehalten werden.
Auf Dauer muss in den Inklusiven Schulen darauf bestanden werden, dass Personen diese Kinder begleiten, die Sensibilität und Einfühlungsvermögen für das Erkennen der individuellen Bedürfnisse und Handlungsmöglichkeiten eines Kindes zeigen und zugleich professionelle Distanz und ein hohes Maß an analytischen und planenden Kompetenzen aufweisen.
Am Beispiel von Charlotte konkretisiere ich im Folgenden die notwendigen Tätigkeiten und Kompetenzen: (vgl. hierzu auch SCHÖLER, 2002)

- Notwendig sind vielfältige manuelle Tätigkeiten, die Charlotte derzeit noch nicht alleine ausüben kann, wie: Hilfe beim An- und Auskleiden, Unterrichtsmaterialien aus der Schulmappe holen und wieder einpacken, Umsetzen von Charlotte (Stuhl/Rollstuhl/Walker/Stehbrett, Sitzkissen), Papier auf dem Tisch festkleben, damit es beim Malen oder Zeichnen nicht verrutscht, Hilfestellung geben beim Gebrauch eines Pinsels usw. Hierbei ist jedoch unabdingbar notwendig, jeweils einzuschätzen, was Charlotte lernen kann und wann ein höherer Zeitaufwand im Augenblick gerechtfertigt ist, damit sie ein größeres Maß an Autonomie zu einem späteren Zeitraum erreicht. Zumindest muss abgewartet werden, damit die notwendigen Handlungen auf Anweisung und unter inhaltlicher Kontrolle von Charlotte getan werden. Ihrer Selbständigkeitsentwicklung abträglich wären ungefragte Hilfestellungen oder Korrekturen des begleitenden Erwachsenen, die nicht notwendig sind. Auch Charlotte darf Fehler machen; nur so hat sie die Möglichkeit, sich auch selbst zu korrigieren. (z. B.: Charlotte entscheidet, welche Farbe für eine Zeichnung gewählt wird. Bei der Ausführung des Zeichnens unterstützt die Integrationshelferin. – Wenn Charlotte es so will, ist der  Hase grün und die Wiese blau.)
- Wichtig ist die Einschätzung der Integrationshelferin, wann die Begleitung beim Toilettengang, die Nahrungsaufnahme und das An- und Auskleiden im Unterrichtsablauf zeitlich so platziert werden, dass die für Charlotte notwendigen gemeinsamen Unterrichtsphasen nicht unzulässig unterbrochen und verkürzt werden und, dass zugleich auch Phasen von gemeinsamem Spiel in den Pausen zur Verfügung stehen. Deshalb muss die Integrationshelferin zu Beginn des Schultages von den Lehrerinnen und den Sonderpädagoginnen über den geplanten Ablauf des Unterrichts informiert werden. Die Integrationshelferin entscheidet dann, wann sie mit Charlotte den Klassenraum verlässt und wie die ev. versäumten Informationen vermittelt werden können. Dies  erfordert ein großes Maß an intellektueller Reflektion, Kreativität und Zuverlässigkeit.
- Abweichungen von der Unterrichtsplanung der Lehrerinnen werden einerseits von der Sonderpädagogin vorbereitet. Die Integrationshelferin muss andererseits ständig so präsent sein, dass spontane Veränderungen vorgenommen werden können, abhängig von der Einschätzung, wann Charlotte etwas alleine kann, wann ihre Hand geführt werden muss oder eine Unterstützung notwendig ist, um ihr zu einem Erfolgserlebnis zu verhelfen.
- In der Kommunikation und der sozialen Gemeinsamkeit mit den anderen Kindern in der Klasse ist es wichtig, dass die Integrationshelferin sich in bestimmten Situationen bewusst zurück hält. Charlotte kann ihre Bedürfnisse gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern sowie gegenüber den Lehrerinnen inzwischen sprachlich deutlich und klar ausdrücken. (Am Beginn der 1. Klasse hat sie noch sehr leise, oft kaum verständlich gesprochen.) Auch Konflikte kann sie alleine weitgehend regeln. Wenn Integrationshelferinnen nicht die notwendige professionelle Distanz aufbringen, besteht die große Gefahr, dass sie zur Abhängigkeit von Erwachsenen und zur Isolation des behinderten Kindes beitragen.
- Die Tätigkeit einer pädagogischen Fachkraft ist notwenig, weil in der Begleitung dieses Kindes mit allen Entwicklungsproblemen gerechnet werden muss, die auch bei nicht behinderten Kindern zu beobachten sind: Wann ist Strenge und Beharrlichkeit notwendig, um das Kind zu einer Handlung zu bewegen zu der es "gerade keine Lust" hat? – Wann ist dieses "Verweigern" andererseits ein Zeichen von Überforderung? Wann ist Nachsicht, wann Strenge angebracht? Wann muss auch getröstet werden, weil Charlotte etwas gerne tun würde, wozu sie aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigung nicht in der Lage ist. Von ungeschulten Personen werden Kinder mit einer offensichtlichen körperlichen Beeinträchtigungen zumeist weniger gefordert als diese zu leisten in der Lage sind.
- Die Integrationshelferin ist gemeinsam mit Charlotte ständig in der Kommunikation mit den anderen Kindern und den Lehrerinnen der Klasse. Ihre ständige Anwesenheit lässt sie zu einer Vertrauensperson für alle Beteiligten werden. Von ihrem pädagogischen Geschick ist es anhängig, ob dies von den anderen Kindern und den Lehrerinnen als eine Bereicherung oder als Störung der täglichen Arbeit empfunden wird. Unreflektiertes und unflexibles Agieren der Integrationshelferin in der Klasse und Kooperations-Unwilligkeit der Lehrerinnen  kann auch zur Aussonderung des Kindes beitragen. Der Schonraum Sonderschule wird dann durch den Schonraum Kleingruppe in der Regelschule ersetzt.
Hierbei kann zumeist beobachtet werden: Die Kinder (behinderte wie nicht behinderte) befreien sich selber  in der Regelschule sehr oft alleine aus der übergroßen Fürsorge der Erwachsenen. In einer Sonderschule ist ihnen dies zumeist nicht möglich.
Charlotte ist jetzt im 3. Schuljahr. Sie besucht nachmittags – oft gemeinsam mit ihren beiden älteren Brüdern - das nahe gelegene Jugendfreizeitheim; an den "Mädchennachmittagen" rollt sie auch alleine dorthin. Sie ist am Ort bekannt und hat keine Scheu, auf neue Menschen zuzugehen. Sie wird ihren Weg in dieser Gesellschaft machen. Inzwischen besuchen sechs andere Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf dieselbe Schule. Diese Grundschule hat mit Charlotte begonnen, eine Schule für alle Kinder zu werden.

Für die Grundschulzeit können sich inzwischen viele Menschen in Deutschland vorstellen, wie der gemeinsame Unterricht für Kinder mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten aussehen kann. Aber wie sieht es in den weiterführenden Schulen aus? Die allermeisten Erwachsenen haben in ihrer eigenen Schulzeit mehr oder weniger langweiligen Frontalunterricht erlebt und können sich aus diesen Erfahrungen einen anschaulichen, abwechslungsreichen und zieldifferenten Unterricht nicht vorstellen. Es ist richtig: Der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern erfordert eine gute, vielfältige Methodik. Die Anwesenheit von  Kindern mit einem besonderen Förderbedarf stellt eine neue Herausforderung für alle Lehrerinnen und Lehrer dar. Wenn sie sich darauf einstellen, kommt dies allen Kindern und Jugendlichen zu Gute.

Als Beispiel schildere ich Ihnen den Physikunterricht in einer 8. Klasse eines Gymnasiums. (Über diese Klasse habe ich auch berichtet in SCHÖLER 2009a.) Die Lehrerin hat im Physikraum als Einführung zu dem Thema: "Bewegung und Beschleunigung" sechs Versuchsstationen aufgebaut, an denen die Schülerinnen und Schüler jeweils in Gruppen zu viert oder fünft ihre Beobachtungen machen sollen, messen und protokollieren. Als ich an diesem Unterricht hospitierte, war ich zunächst überrascht, wie schnell und selbstverständlich sich die Gruppen gefunden haben. In vier von den insgesamt sechs Gruppen war jeweils eine Schülerin oder ein Schüler mit Behinderung beteiligt. Nach jeweils fünf Minuten wechselten die Gruppen ihre Stationen – auch das verlief reibungslos, ganz offensichtlich ist diese Klasse diese Art des Arbeitens gewohnt. Am meisten verblüffte es mich, dass die Mitschülerinnen und Mitschüler von Amelie, Marvin, André und Astrid beim Ankommen an einer neuen Station als erstes zutreffend und eigenständig einschätzten, was hier jeweils eine angemessene Aufgabe für die Mitschülerin oder den Mitschüler sein könnte, die ohne diese Integrationsklasse in einer Schule für Geistigbehinderte wären und derartige Aufgaben dort mit Sicherheit nicht gestellt bekommen hätten, z. B.: Amelie kann gut lesen. Es war jeweils ihre Aufgabe, die Anweisungen vorzulesen. André erhielt die Aufgabe, mit einem Bandmaß exakt die Länge eines Weges zu messen und das Ergebnis so zu diktieren, dass eine Mitschülerin/ein Mitschüler die Ergebnisse in eine Tabelle eintragen konnte. Marvin lernte in dieser Stunde, mit der Stoppuhr richtig umzugehen. Die schwer behinderte Astrid hat von ihrem Rollstuhl aus ein Pendel in seinen Bewegungen genau beobachtet und durch Kopfnicken signalisiert, wann dieses Pendel einen vorher festgelegten Punkt erreicht hat. Jeweils ein Schüler/eine Schülerin der Gruppe protokollierte. Selten habe ich Schülerinnen und Schüler einer 8. Klasse so konzentriert und diszipliniert arbeiten sehen. Die Protokolle wurden in der nachfolgenden Physikstunde von den Gymnasiasten ausgewertet und theoretisch bearbeitet. Für die vier Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurde eines der sechs Beispiele mit einfachen Worten beschrieben und schriftlich sowie mit einem Foto von dem Versuchsaufbau festgehalten.
Diese Klasse zeichnet sich durch ein sehr gutes Sozialverhalten aus. Die Schülerinnen und Schüler haben ein umsichtiges, verantwortungsvolles Verhalten gelernt. Ihre Leistungen sind im Vergleich zu denen der Parallelklassen gleich oder besser.  Die Klasse wird mit insgesamt 20 Wochenstunden von zwei Sonderpädagogen begleitet. Für die schwer behinderte Astrid, die auch beim Toilettengang begleitet werden muss und nicht alleine essen kann, steht ständig eine Integrationsbegleiterin in der Schule zur Verfügung. Für die beiden Jungen und das Mädchen mit Down Syndrom ist ein männlicher Sozialpädagoge ständig anwesend. Die beiden Integrationsbegleiter sind über die Lebenshilfe fest angestellt; sie erhalten auch Fortbildungen zum Thema des gemeinsamen Unterrichts. Für die Gymnasial-Lehrerinnen und -Lehrer dieser Klasse bedeutet die Arbeit in der Integrationsklasse, dass  zusätzlicher Zeitaufwand für das genauere Planen und die Absprachen mit den Integrationshelfern und den Sonderpädagogen notwendig ist. Eine Unterrichtsermäßigung – zumindest für die koordinierende Klassenlehrerin – muss gefordert werden. Andererseits bestätigen die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer, dass das Unterrichten in dieser Klasse weniger Nerven aufreibend und befriedigend ist. Für die weitere Entwicklung sollte ein „Team-Kleingruppenmodell“ angestrebt werden, damit in den weiterführenden Schulen in einer Klasse möglichst nicht mehr als 5-7 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten und, damit eine Sonderpädagogin/ein Sonderpädagoge fest zu diesem Team an der Schule gehört und auch Fachunterricht erteilt. (vgl. hierzu FEYERER/PRAMMER und WILHELM 2006 und 2009) Über die Leistungsbewertung in einer solchen Klasse habe ich ausführlich berichtet in meinem neuesten Buch, - siehe SCHÖLER 2009b, S. 57 – 68.)

Wir haben in Deutschland noch einen weiten Weg vor uns, bis wir das Ziel einer Inklusiven Schule erreicht haben. Das Ziel ist eine Schule, in der kein Kind Angst haben muss vor Beschämung und Aussonderung. Wer das Glück hat, eine der Schulen zu besuchen, in denen dieses Ziel bereits weitgehend erreicht ist (so z. B. die Schulen, die mit dem Jakob-Muth-Schulpreis ausgezeichnet wurden), der kann die angenehme Lernatmosphäre spüren und der wird die Kinder der nächsten Generation beneiden, die in der Schule so lernen dürfen, dass sie sich ihr Leben lang gerne an die Schulzeit erinnern und Lust haben, weiter zu lernen.

Jegliche Diskussion über die Qualität von Kindergärten oder Schulen sollte sich daran orientieren:
Nur ein Kindergarten oder eine Schule, in der Kinder mit Behinderung und nicht behinderte Kindern gemeinsam leben und lernen dürfen, kann ein guter Kindergarten oder eine gute Schule sein. – Der Stadt Hamburg wünsche ich viele gute Schulen.

Viele Texte und Dokumente zum Thema Integration/Inklusion sind über die kostenlose Volltextdokumentation bidok abrufbar: http://bidok.uibk.ac.at
Literatur zu dem vorliegenden Vortragstext:

  1. DÜRING, Katrin; SCHÖLER, Jutta: Alle unter einem brandenburgischen Dach? Eindrücke zur Entwicklung des Gemeinsamen Unterrichts. In: BOBAN, Ines; HINZ, Adreas: Gemeinsamer Unterricht im Dialog. Vorstellungen nach 25 Jahren Integrationsentwicklung. Weinheim und Basel : Beltz, 2004, S. 62-69
  2. FEYERER, Ewald; PRAMMER, Wilfried: Gemeinsamer Unterricht in der Sekundarstufe I – Anregungen für eine integrative Praxis. Weinheim; Basel; Berlin : Beltz-Verlag, 2003 (Jutta SCHÖLER, Herausgeberin)
  3. FUCHS, Petra: »Körperbehinderte« zwischen Selbstaufgabe und Emanzipation. Selbsthilfe – Integration – Aussonderung. Neuwied; Kriftel; Berlin : Luchterhand, 2001
  4. PREUSS-LAUSITZ, Ulf: Integration Behinderter zwischen Humanität und Ökonomie. Zu finanziellen Aspekten sonderpädagogischer Unterrichtung. In: Pädagogik und Schulalltag, 51 (1996), H. 1, S. 17-30, auch: http://bidok.uibk.ac.at/library/preuss_lausitz weissbuch_oekonomie.html
  5. ROSER, Ludwig-Otto: Wo es keine Behinderungen mehr gibt. Schule ohne Aussonderung in Italien. In: päd. Extra, Heft 3, 1981, S. 16-21
  6. SCHÖLER, Jutta: Untersuchung der baulichen Situation von Schulen in bezug auf Integrationsmöglichkeiten behinderter Kinder (gemeinsam mit Jutta Höfs), TUB-Dokumentation Weiterbildung, Heft 21, Berlin, 1989 (kann über die Arbeitsstelle zur Integration der TU-Berlin kostenlos bestellt werden: Integration(at)TU-Berlin.de)
  7. SCHÖLER, Jutta: Leitfaden zur Kooperation von Lehrerinnen und Lehrern - nicht nur in Integrationsklassen, Heinsberg : Dieck, 1997
  8. SCHÖLER, Jutta (Hrsg.): Normalität für Kinder mit Behinderungen: Integration. Texte und Wirkungen von Ludwig-Otto Roser. Neuwied, Kriftel, Berlin : Luchterhand, 1998 http://bidok.uibk.ac.at/library/schoeler-normalitaet.html
  9. SCHÖLER, Jutta: „Neben ihr sitzt immer ein Erwachsener. in: Zeitschrift: Gemeinsam leben 10 (2002) Heft 4, S. 161-165; (Auch als Volltext abrufbar: http://bidok.uibk.ac.at/library/gl4-02-erwachsener.html)
  10. SCHÖLER, Jutta: Bilder in den Köpfen. In: Zs.: „Gemeinsam leben“ 12 (2004) S. 191-194 (auch als Volltext abrufbar über www.bidok.uibk.ac.at/)
  11. SCHÖLER, Jutta 2007: „Durch Kooperation zur Integration“, unter dem Stichwort „Schule“ auf der Homepage der Lebenshilfe Nürnberg zu finden Durch Kooperation zur Integration. Die Lebenshilfe Nürnberg auf dem Weg. – Zusammenfassung der Erfahrungen von vier Jahren Außenklassen der Lebenshilfe an einer Grundschule. Als pdf-Datei abrufbar über: www.lebenshilfe-nuernberg.de
  12. SCHÖLER, Jutta „Geistig Behinderte“ am Gymnasium – Integration an der Schule für „Geistig Behinderte“. In: JERG, Jo; MERZ-ATALIK, Kerstin; THÜMMLER, Ramona; TIEMANN, Heike (Hrsg.): Perspektiven auf Entgrenzung. Bad Heilbrunn : Klinkhardt, 2009a, S. 95 - 102  und: bidok.uibk.ac.at/library/schoeler-gymnasium.html
  13. Jutta Schöler: Alle sind verschieden. Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule. Weinheim und Basel : Beltz, 2009b
  14. WILHELM, Marianne; EGGERTSDÓTTIR, Rósa; MARINÓSSON, Gretar L. (Hrsg.): Inklusive Schulentwicklung. Planungs- und Arbeitshilfen zur neuen Schulkultur. Weinheim und Basel 2006
  15. WILHELM, Marianne: Integration in der Sek.I und II. Wie die Umsetzung im Fachunterricht gelingt. Weinheim und Basel : Beltz, 2009
  16. WUNDER, Michael und SIERCK, Udo: Sie nennen es Fürsorge. Behinderte zwischen Vernichtung und Widerstand. Mit Beiträgen vom Gesundheitstag Hamburg 1981. Berlin 1982       
  17. WOCKEN, Hans: Andere Länder, andere Schüler? Vergleichende Untersuchungen von Förderschülern in den Bundesländern Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen (Forschungsbericht), Potsdam, 2005 – als Download: http://bidok.uibk.ac.at/library